Das Gift der Unvergebenheit

 

Am 1. Juli haben die Kinder der Villa Sonnenschein eindrucksvoll das Musical „Josef, du schaffst das“ in der Kirche aufgeführt.

Neben dem Unterhaltungsfaktor gab es ganz viel Verkündigung für die ca. 200 Besucher. Ein Lied blieb mir besonders in Erinnerung: „Vergeben, vergessen, wir fangen ganz neu an. Das Leben ist schöner, wenn man vergeben kann!“  Amen - So ist es, dachte ich mir. Die Kinder singen nicht nur davon, die leben das auch. Es vergeht quasi keine Woche Schulunterricht, in der es nicht Streitereien, aus der großen Pause, zu klären gibt. Dabei spielt es keine Rolle ob es um Triezereien oder ein handfestes Gerangel ging. Den Kindern gelingt es immer wieder sich beieinander zu entschuldigen.

Bis zu einem Alter von circa acht Jahren sind Kinder selten nachtragend und vergessen den Streit ebenso schnell, wie sie ihn angezettelt haben.

Bei uns Erwachsenen sieht das ganz anders aus, wenn wir verletzt wurden, oder etwas Schlimmes erlebt haben. Besonders bei Menschen, die uns Nahestehen, kann dies die Beziehung nachhaltig stören. Unvergebenheit ist eines der Hauptthemen, welche mir in Seelsorgegesprächen begegnen. Immer wieder höre ich von Situationen die teils seit Jahrzehnten verjährt sein müssten, aber ein aktuelles Fehlverhalten hat all die alten Erinnerungen und die damit verbundenen Gefühle wieder hervorgebracht.

Manchmal passt die Situation und ich frage ob schon Mal aktiv vergeben wurde, was so gut wie nie der Fall ist. In vielen Fällen wissen die „Täter“ nicht einmal, dass sie etwas falsch gemacht haben. Sie leben einfach unbeschwert weiter und sind sich keiner Schuld bewusst. Aber wir tragen diese Verletzungen dem anderen nach. Nachtragend sein, bedeutet Ballast mitzuschleppen. Nicht selten macht das krank. Unvergebenheit kann zu Stress, Bluthochdruck, Schlafstörungen uvm. führen. Damit bestrafen wir nur uns selbst, wenn wir Enttäuschungen,  unerfüllte Erwartungen oder Fehler nachtragen.

Petrus hat Jesus gefragt: „Herr wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt vergeben. Siebenmal? Jesus antwortet ihm: Nicht siebenmal, sondern siebzig mal sieben Mal“ – also immer. Das heißt nach jedem Konflikt ein Neuanfang für die Beziehung aber auch für einen selbst. Immer wieder zu vergeben und auch aktiv, laut auszusprechen „ich vergebe dir!“ das gehört zur Selbsthygiene eines Christen, wie Zähneputzen.

Im Epheserbrief 4,30-32 steht: …betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes… Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit! Seid  aber zueinander gütig, mitleidig, und vergebt einander.

Unvergebenheit betrübt also den Heiligen Geist! Kein Wunder, dass sich dies auch auf unser geistliches Leben und das der Gemeinde auswirkt. Unvergebenheit ist ein Gift, das sich ausbreitet und uns, unseren Beziehungen und der Gemeinschaft immensen Schaden zufügt.

Als das Volk Israel durch die Wüste wanderte, waren viele im Volk, die ebenfalls nachtragend waren und bitter wurden. Damals sandte der HERR feurige Schlangen die die Menschen bissen. Das Heilmittel gab es allerdings direkt dazu. Mose sollte eine eherne Schlange formen und wer diese ansah sollte leben. Diese Schlange erinnert uns an das Äskulap Symbol, welches wir an jeder Apotheke finden. Was vor dem Schlangengift rettete, war der Blick zur Schlange. Unsere Unvergebenheit anzuschauen und nicht einfach unter den Teppich kehren kann also heilsam sein. Wir haben sogar noch etwas Besseres: Das Kreuz auf das wir schauen können, dort hängt unser Heiler und Versöhner. Bei ihm können wir Alles, was wir nachtragen, endgültig abstellen. Dann kann unsere Seele aufatmen und singen: „Vergeben, vergessen, wir fangen ganz neu an. Das Leben ist schöner, wenn man vergeben kann!

Ich wünsche einen schönen und unbeschwerten Sommer!

Christian Treiber

Grüß Gott

Grüß Gott, grüezi, griaß di,…

…ist eine meiner liebsten Grußformeln, wenn ich auf der Straße unterwegs bin. Als Pfarrer grüße ich beinahe Jeden den ich treffe, man weiß ja nie, wer einen alles kennt.

„Grüß Gott“ hat eine sehr lange Tradition im oberdeutschen, schweizerischen und österreichischen Kontext und Quellen belegen, dass dieser Gruß schon seit Jahrhunderten guter Brauch ist.

In den letzten Jahren ist das Grüßen von Fremden ziemlich aus der Mode gekommen. Sie erinnern sich bestimmt noch an Ihre Kindheit, da hat man fast jeden gegrüßt. Aber die Zeiten, wo man noch die Meisten im Ort kannte oder man selbst gekannt wurde, sind längst vorbei.

Trotzdem finde ich, dass „Grüß Gott“ eine ganz wunderbare Tradition ist. Nicht nur weil es immer wieder dem Gegrüßten ein Lächeln ins Gesicht zaubert, sondern weil der Gruß in der Regel auch erwidert wird.

Ursprünglich stellte dieses Grußwort ein kurzes Segenswort da. Es ist keine Aufforderung, dass ich Gott grüßen soll, wie ich früher dachte. Es bedeutet, dass man dem Gegrüßten die Gnade und den Schutz Gottes wünscht. Möge Gott sich dir zuwenden ist die ureigentliche Bedeutung dieser zwei kurzen Worte.

So kann jeder Mensch täglich zum Segnenden werden und selbst Segen empfangen. Auch wenn der Gegrüßte „nur“ mit einem Hallo antwortet, dann geschieht doch etwas in einem selbst.

Man sieht den oder die Gegrüßte mit anderen Augen, nämlich als von Gott angesprochene, gegrüßte und gesegnete Person. Der Gruß sagt: „Gott sieht dich und ich nehme dich auch wahr.“

Das ist doch eine fantastische Tradition, die wir alle in unserem Alltag pflegen sollten. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Segen oft weitergeben dürfen und neben einem freundlichen Lächeln auch selbst Segen erfahren.

In diesem Sinne, Grüß Gott!

Christian Treiber